St. Michael

Mitten im Zentrum und doch etwas versteckt, nah an der Autobahn und doch Ruhe ausstrahlend - das ist unsere Kirche St. Michael.

Unsere Kirche St. Michael

(Text: Hans-Christoph Rieth)

Betritt man unsere Kirche, so überrascht sogleich die schlichte, aber ansprechende Gestaltung. Die Helligkeit der großen Fenster, der freundlich-helle Anstrich und der warme Braunton des Holzes schaffen eine ruhevolle und einladende Atmosphäre. 

Der Baukörper und die Ausstattung der Kirche stammen aus der Feder von Kirchenbaurat Winfried Wendland. ¹ 

Der Baustil unserer noch relativ jungen Kirche hebt sie von anderen Kirchen ab. Der sich innen frei zeigende Dachverband, Feldscheunenverband genannt, deutet den Stall von Bethlehem an. Der Triumphbogen führt auf die Altarseite hin. Die drei Stufen zum Altarraum versinnbildlichen die Dreieinigkeit Gottes. 

Altar und Altarbild stellen ein gelungenes Gesamtkunstwerk dar. Der Klinkerunterbau des Altars mit der darauf ruhenden Sandsteinplatte passt sich gut dem Bau an. Kanzel und Lesepult sind aus dem gleichen Material gestaltet. Das Altarbild schuf der junge Maler Gerhard Olbrich, ein Schüler von Willy Fries. Fries und auch Olbrich bringen in das Heilsgeschehen Akzente der heutigen Zeit hinein. Unter dem hier von Olbrich gemalten Kreuz steht ein Soldat mit Stahlhelm aus unserer Zeit. 

Der relativ große Altarraum rückt bewusst die Bedeutung des hl. Abendmahls in den Vordergrund, das in der gottesdienstlichen Gemeinde gefeiert wird. Der große Altarraum bildet aber auch eine gute Entfaltungsmöglichkeit für Konzerte und Verkündigungsspiele. 

Der ursprüngliche Taufstein musste leider ersetzt werden, da der zunächst aus alten Grabsteinen zusammengefügte Steinkörper 1979 zerfiel. Der Steinsockel ist daher aus einem anderen Klinkerformat gemauert, als Altar, Kanzel und Lesepult. 

Die Seitenfenster mit ihrer leicht farbigen Bleiverglasung und das farbig wunderbar strahlende Rundfenster im Westgiebel geben der Kirche ein je nach Tageszeit wechselndes eindrucksvolles Licht. 

Die Orgel wurde von der Firma Eule aus Bautzen gebaut und 1974 eingeweiht. Sie besitzt zwei Manuale und ein Pedal. Der Orgelmotor ist ein Geschenk der Partnergemeinde Grenzach. 

Auch die Kollektenbüchsen und die Altarbibel sowie die Abendmahlsgeräte sind Spenden der Partnergemeinde. 

Viele Leistungen von Gemeindegliedern sind ebenfalls in diese Kirche eingeflossen. So ist die bestickte Altardecke das Werk eines Gemeindegliedes aus der Frauenhilfe, die beiden Teppiche sind Geschenke eines anderen Gemeindegliedes, die Glaubenssymbole im Triumphbogen sind das Werk eines Malers aus unserer Gemeinde und auch die große malermäßige Instandsetzung der Kirche im Jahr 1979 wurde fast ausschließlich von Gemeindegliedern in Eigenleistung vollbracht. 

Besondere Beachtung verdient sicher auch noch die Stahlsymbolik an der rechten Seite des Ostgiebels. Sie ist das Werk eines Kirchenältesten aus Ludwigsfelde aus dem Material, mit dem die Ludwigsfelder, bedingt durch das große Automobilwerk, am häufigsten in Berührung kamen. Das Bild soll zur Meditation anregen und die Gedanken freigeben im Gegensatz zum Altarbild, das wohl mehr zur Auseinandersetzung zwingt. 

Als jüngste Veränderung ist der Einbau einer Fußbodenheizung zu vermerken, die im Frühjahr 1995 eingebaut werden konnte. 

Mit der Eröffnung des Stadt-Aktiv-Parks 2015 wurde die Sichtachse dieses Parks auf den kleinen Glockenturm unserer Kirche gelenkt und die Kirche rückte in den Blickpunkt von der Potsdamer Straße aus. Erst mit dieser landschaftsgestalterischen Maßnahme ist die Kirche in der Mitte der Stadt angekommen. 

Unsere Kirche hat so manche Besonderheit und fällt doch nicht aus dem Rahmen der baulichen und finanziellen Möglichkeiten Anfang der 50er Jahre. Ein Stück Geschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist sie aber auf alle Fälle. 

Vor allem ist sie aber eine Stätte der Anbetung und der Stille, des Gottesdienstes und der Gemeinde im Glauben und mit dem Gemeindezentrum der Mittelpunkt der Gemeinde. 


Aus der Chronik des Kirchenbaus 

09.01.1947
Im Sitzungsprotokoll des Bezirksvorstandes wird erstmalig über den Bau einer Fachwerkkirche berichtet. Dieser Plan wird aber später nicht weiter verfolgt. 


01.01.1948
Ludwigsfelde wird selbständige Kirchengemeinde. Mit diesem Datum wurde der bisherige Bezirksvorstand, der innerhalb des Gemeindekirchenrates Löwenbruch tätig war, selbständiger Gemeindekirchenrat von Ludwigsfelde.


26.01.1949
Ein erster Bauentwurf von Kirchenbaurat Wendland wird für den Bau einer Kirche am Standort Potsdamer Str./Rathausstr. vorgelegt. 


17.02.1952
Der Neubau der Kirche am vorgesehenen Standort wird, obwohl das Gelände der Kirche gehört, nicht genehmigt. Es erfolgt ein Grundstückstausch zum heutigen Standort der Kirche. An der Potsdamer Straße begann bereits 1950 die Planung für eine sozialistische Wohnstadt, in der für eine Kirche kein Platz vorgesehen war. 


09.06.1952
Ein neuer Entwurf wird vorgelegt, man entscheidet sich aber für den Bau-entwurf von 1949. 


17.06.1953
Die Baubilanz für den Bau der Kirche wird ausgereicht. Der Kreisbaubetrieb ist mit der Bauausführung beauftragt. 


23.07.1953
Der Gemeindekirchenrat beschließt, der Kirche den Namen „St.Michael“ zu geben. Es werden Verhandlungen mit dem Maler Olbrich zur Herstellung eines Altarbildes aufgenommen. Aus den Vorschlägen des Malers und des Wünschen des Gemeindekirchenrates entsteht das jetzige Bild. 


23.08.1953
Es erfolgt die feierliche Grundsteinlegung für die neue Kirche. In der amtlichen Urkunde steht ein Wort aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther: „Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ (1. Kor. 3,11). 


04.04.1954
Der Auftrag zur Herstellung einer Glocke an die Firma Schilling, Apolda, wird vergeben. 


28.06.1954
Der Kirchenbau wird stillgelegt und erst im Oktober wieder aufgenommen. 


08.05.1955
Feierliche Einweihung der Kirche.

 

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 ¹  In seinem Werk „Kirchenbau in dieser Zeit“, Ev. Verlagsanstalt Berlin 1957, hat er auch unsere Kirche ausführlich beschrieben und mit Bildern dargestellt.